Davina Lutz: „Der respektvolle Umgang miteinander ist mir wichtig“
Großer Moment für die bayerische Schiedsrichterin Davina Lutz: Beim Spiel des SC Freiburg gegen SGS Essen gab die Unterfränkin ihr Debüt als Unparteiische in der FLYERALARM Frauen-Bundesliga. Ein großer Meilenstein für die erst 27-Jährige. Jetzt folgte sogar der erste internationale Auftritt: Beim U19-Juniorinnen EM-Qualifikationsturnier in Bosnien und Herzegowina war Davina als Assistentin im Einsatz. Wir haben mit ihr über Unterschiede zwischen Fußballspielen von Männern und Frauen, das Durchsetzen als Frau im Schiedsrichterwesen und über ihre Ziele für die kommenden Jahre gesprochen.
Davina, turbulente Wochen liegen hinter dir: Erst dein Debüt als Schiedsrichterin in der 1. Frauen Bundesliga, jetzt das U19-Juniorinnen EM-Qualifikationsturnier in Bosnien und Herzegowina. Hört sich nach einer steilen Schiedsrichterin-Karriere an, oder wie siehst du das?
Davina Lutz: (lacht) Ich bin ich sehr glücklich über mein Debüt in der Flyeralarm Frauen Bundesliga. Dass ich daraufhin auch noch international zum Einsatz kam, war unglaublich. Das ist schon ein kleiner Traum, der wahr wird und ein Meilenstein, auf den ich lange hingearbeitet habe. Natürlich genießt man solche Momente auch, dennoch ist es wichtig, nicht abzuschalten, sondern weiter fokussiert zu bleiben und in jedem Spiel, egal in welcher Klasse, sein Bestes zu geben. Auf die weiteren Schritte habe ich zwar durch das Abrufen meiner Leistung einen gewissen Einfluss, aber es gehört auch immer eine Portion Glück dazu. Alles, was ich dafür tun kann, mache ich natürlich weiterhin und hoffe, dass das noch nicht das Ende war.
Mit erst 27 Jahren hast du schon sehr viele Erfahrungen gesammelt: Du gehörst sowohl in der Bayernliga der Herren als auch in der zweiten Frauen Bundesliga zu den wichtigsten und routiniertesten Schiedsrichter*innen. Wie viel Talent und wie viel Arbeit stecken dahinter?
Davina Lutz: Das ist bei jedem Schiedsrichter wahrscheinlich etwas unterschiedlich, was ich aber denke ich für alle Schiedsrichter sagen kann: Das Schiedsrichterwesen ist auf jeden Fall kein Selbstläufer. Ich glaube am Ende braucht man schon ein gewisses Gespür für den Fußball und muss sich für den Sport begeistern können. Ich weiß nicht, ob ich das jetzt Talent nennen würde, aber der Spaß am Fußball ist auf jeden Fall eine wichtige Voraussetzung, denn dann nimmt man auch gerne mal ein Extra-Training und eine zusätzliche Theorieeinheit in Kauf.
Du hast vor zehn Jahren mit dem Pfeifen angefangen. Wie kam es dazu?
Davina Lutz: Als ich selbst Fußball gespielt habe, war ich oft nicht ganz zufrieden mit den Schiedsrichtern. Ich muss dazusagen, ich habe nicht wirklich hochklassig gespielt. Bevor ich mich jedoch weiterhin beklagt habe, dachte ich, vielleicht hilft es, mal die andere Perspektive einzunehmen. Dann habe ich selbst festgestellt, dass es gar nicht so einfach ist, wie man sich das als Spielerin immer vorstellt.
Gibt es Unterschiede zwischen den Spielen der Herren und Frauen?
Davina Lutz: Ich glaube die Dynamik des Spiels ist ein Unterschied, der jedoch durch die physischen Voraussetzungen bedingt ist. Ein Top 100-Meter-Sprinter wird immer schneller sein, als eine Top 100-Meter-Sprinterin. Diesen Unterschied wird man jedoch in vielen Sportarten feststellen, in denen man Männer mit Frauen vergleicht. Deswegen ist der Frauenfußball aber keineswegs weniger attraktiv. Vor allem das technische Niveau ist in den Top-Ligen der Frauen extrem hoch, hier nehmen sich die Herren- und Frauenspiele nichts. Wo die Frauen meines Erachtens vor allem in den Top-Liegen die Nase vorne haben, ist eine gewisse Ehrlichkeit und Nahbarkeit des Fußballs.
Gibt es denn einen Unterschied zwischen dem Pfeifen im nationalen Ligabetrieb und bei einem internationalen Turnier?
Davina Lutz: Ein Unterschied ist, dass man auf nationaler Ebene oftmals in ähnlichen Teamkonstellationen unterwegs ist. In Bosnien und Herzegowina bin ich mit Schiedsrichterinnen eingeteilt worden, die ich dort erst kennengelernt habe. Wichtig ist dann, dass man trotzdem als Team funktioniert. Erschwerend kommt natürlich hinzu, dass die Kommunikation nicht auf Deutsch erfolgt. Wenn man in Stresssituationen auf dem Feld plötzlich Englisch sprechen muss, ist das schon eine Umstellung.
Neben der Teamkonstellation und der Sprache gibt es aber auch spielerische Unterschiede: in den heimischen Ligen, in denen man unterwegs ist, kennt man mit der Zeit die Spielweise der Mannschaften. Bei einem internationalen Turnier trifft man auf Mannschaften unterschiedlichster Nationalitäten, die alle ihre etwas eigene Spielweise haben. Darauf muss man sich erstmal einstellen, aber genau das war sehr spannend.
Gerade als junge Frau ist es sicher nicht einfach sich in der Männerdomäne Fußball durchzusetzen. Wie gehst du dennoch mit großem Selbstbewusstsein voran? Hast du Tipps für angehende Schiedsrichterinnen?
Davina Lutz: Meistens wurde auf dem Platz kein Unterschied gemacht, ob da jetzt eine Frau oder ein Mann steht. Den Spielern ist es wichtig, dass die Entscheidungen passen und ein respektvoller Umgang miteinander herrscht. Ich glaube, wenn man den Spielern mit Respekt begegnet und einen guten Umgang pflegt, dann wird es einem nicht schwer gemacht. Aber natürlich war es in den Anfangsjahren auch öfter mal der Fall, dass vor allem die Zuschauer nicht gewohnt waren, dass plötzlich eine Frau das Spiel pfeift. Da kam dann schon mal der ein oder andere Kommentar. Aber das hat mich dann eher angespornt, dann erst recht eine gute Leistung abzurufen und die Vorurteilen so aus dem Weg zu räumen.
Was sind deine Ziele für die kommenden Jahre?
Davina Lutz: Ich versuche mir eher kleinere und kurzfristigere Ziele zu setzen, die für mich greifbar sind und die ich aktuell, zumindest zum Teil, beeinflussen kann. Ich möchte Spiel für Spiel meine beste Leistung abrufen, um im besten Fall in der kommenden Saison in der nächsthöheren Liga eingesetzt zu werden. Konkret bedeutet das in den Männer-Ligen, in meinen Spielen in der Bayernliga zu überzeugen und mich zu empfehlen. Es wäre super, hier den Sprung in die Regionalliga zu schaffen. Im Frauen-Bereich möchte ich mich natürlich auch durch konstante, gute Leistungen empfehlen. Aktuell habe ich durch die Perspektiv-Spiele in der Flyeralarm Frauen Bundesliga die Möglichkeit, Erstligaluft zu schnuppern. Hier ist es mein Ziel, den Sprung in den Kader der Erstliga-Schiedsrichterinnen zu schaffen.
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